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Über das Leben von Franz Hoffmann
Franz Hoffmann erzählt dem Freak-Radio-Mann Gerhard Wagner aus seinem Leben.
Franz Hoffmann: Mein Traum wäre gewesen, im Schwimmbad zu arbeiten. Ich habe nämlich in den Sommerferien schon dort ausgeholfen. Dort habe ich die Schlüssel ausgegeben und wieder eingesammelt.
Ich hatte damals auch sehr gute Kontakte mit dem Chef, der hätte mich auch ganz gerne genommen, weil ich zuverlässig war. Aber das konnte er nicht selbst entscheiden. Zuständig waren die Leute im Amalienbad und die haben gesagt: »Naja, das ist leider ein behinderter Mensch und da ist kein Platz für ihn.« Und somit ist leider mein Wunschtraum in die Brüche gegangen.
Gerhard Wagner: Aber Sie haben ja einige Zeit dort gearbeitet und das hat doch ganz gut funktioniert?
Franz Hoffmann: Der Chef hat gemeint, wenn ich mir nichts Gröberes zu Schulden kommen lasse, dann kann ich das ruhig machen. Ich hatte damals auch guten Kontakt zu den Bademeistern und mit verschiedenen Saisonarbeitern.
Ein Bademeister namens René hat mich ausprobieren lassen, dass ich die Schlüssel ausgebe und wieder einsammle. Mir hat dieser Beruf großen Spaß gemacht. Ich habe auch mitgeholfen, wenn der Bademeister leichte Verletzungen versorgt hat.
Es wurde damals sogar ein Zeitungsartikel über mich geschrieben. Der hängt seit damals an der Kassa, und als ich das letzte Mal im Bad war, ist er noch immer dort gehangen. Ich hatte sehr großes Glück, dass ich damals dort arbeiten konnte, auch wenn es nur freiwillig war.
Gerhard Wagner: Im Bad konnten Sie nicht arbeiten, was ist es dann geworden?
Franz Hoffmann: Was es leider wirklich geworden ist und was ich nie wollte, war nach meiner Schulzeit die Werkstätte. In Wirklichkeit war es so, dass man in der Werkstätte Taschengeld bekommen hat. Meistens habe ich auch zu wenig Aufträge gehabt. Ich bin oft dagesessen und habe darauf gewartet, dass die Zeit vergeht. Aber das wollte ich nicht. Ich war es vom Schwimmbad gewöhnt, eine Arbeitsleistung zu erbringen. Ich habe eine Beschäftigung und ich habe auch den Kontakt mit den Badegästen gebraucht.
In der Werkstätte bin ich ganz gerne als Bote gegangen, denn das habe ich eine Zeitlang machen können, aber die Werkstätte war für mich nicht das Richtige.
Gerhard Wagner: Hat man Ihnen denn keinen anderen Job angeboten?
Franz Hoffmann: Nein, es hat sich nichts anderes ergeben. Und dass es den Leuten dort so gut geht, wie es erzählt worden ist, das muss sich aber geändert haben.
Ich habe damals die Wirklichkeit erfahren: Dass behinderte Menschen leider in diesen Werkstätten auch ausgenutzt werden, denn mit diesem Taschengeld kann man nicht leben. Im ersten Monat habe ich damals 80 Schilling bekommen, später habe ich 220 Schilling bekommen. In Euro sind das 5,81 und 16 Euro.
Mein Taschengeld war für eine Arbeit, die eh keinen Spaß gemacht hat, lächerlich, ich war nämlich nicht für Industriearbeit. Das war das System. Es gibt natürlich Leute, die sich geistig leider nicht wehren konnten: Dort konnten die Betreuer, wenn man sich widersetzt hat, ihre Macht beweisen. Nur ich bin ein Mensch gewesen, der immer gesagt hat, was mir nicht gefallen hat. Als es sich wiederholt hat und es ihnen nicht gepasst hat, habe ich dann auch meine Probleme bekommen.
Wenn man sich dort widersetzt hat, dann hat man versucht, die Leute so schnell wie möglich zu kündigen oder zu versetzen. Wenn ich jetzt sage Kündigung, dann ist das aber auch nicht richtig. Denn ich musste für den Werkstättenplatz dort eine Menge Geld bezahlen und zwar viel mehr, als ich Taschengeld bekommen habe.
Mein wichtigstes persönliches Ziel ist es aber noch immer, einen Beruf zu finden.
Gerhard Wagner: Sie haben einmal von »Leicht zu lesen« gesprochen, was ist das eigentlich - und wie sind sie eigentlich zu diesem Projekt gekommen?
Franz Hoffmann: »Easy to read« ist englisch und heißt übersetzt: "Leicht zu lesen": Bei der Lebenshilfe haben wir ja damals Zeitungen gemacht. Wir haben verschiedene Interviews, etwa mit dem Leiter der Minderheitenredaktion im ORF, Herrn Kletzander oder mit dem Leiter des Tiergartens Schönbrunn, Herrn Pechlaner. Weil wir das für behinderte Menschen anbieten wollten, auch für die, die noch nicht so gut lesen konnten, haben wir die Sätze in einfache Sprache gebracht, haben sie gekürzt und schwierigere Worte ersetzt und Fremdworte übersetzt. Damals war das im Ansatz »Leichter lesen«. Ich baue eben auch »Easy to read« mit einem zweiten auf. Das hat eine sehr schöne Entwicklung genommen. Es ist zwar auch anstrengend und kompliziert, weil wir alles aufbauen müssen. Wie lange das Projekt dauern wird, weiß ich aber noch nicht.
Franz Hoffmann ist mittlerweile mitverantwortlich für die "Leichter-Lesen"-Seiten von Freak-online.
Sendungsverantwortlich: Gerhard Wagner