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Rubrik: Lesen statt Hören
20. Juli 2008

Vielfalt richtig managen!

von Redaktion

Österreichs Betriebe beginnen die Vielfalt zu entdecken. Vielfältig sind die Märkte, vielfältig ist das Management - warum nicht auch die Mitarbeiter?

Bild: Stephanie Hofschlaeger

Moderator: Diversity Management heißt das Zauberwort. Guten Abend bei einer Freak Live Sendung aus dem ORF Kultur Cafe sagt Ihnen Gerhard Wagner.

Österreichs Betriebe beginnen die Vielfalt zu entdecken. Vielfältig sind die Märkte, vielfältig ist das Management - warum nicht auch die Mitarbeiter? Diversity Management heißt das Zauberwort. Guten Abend bei einer Freak Live Sendung aus dem ORF Kultur Cafe sagt Ihnen Gerhard Wagner.

Diversity Management ist aus der Bürgerrechtsbewegung in den USA entstanden und baut darauf, dass ein erfolgreiches Team aus möglichst unterschiedlichen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen besteht. Geschlecht, Alter oder Herkunft der Teammitglieder sind wichtig, weil jeder seine oder ihre eigene Sichtweise einbringt und dadurch den Betrieb bereichert. Konzerne wie Ford und Coca Cola machen es vor, doch welche Bedeutung hat dieses Konzept für Österreich und was bringt es Menschen mit Behinderung? Zu diesem Thema begrüße ich heute vier Gäste: Zunächst Organisationsberater Norbert Pauser. An Sie gleich die Frage: "Was bringt Diversity Management Menschen mit Behinderung in Österreich?"

Norbert Pauser: "Bei Diversity Management im Zusammenhang mit Behinderung muss man zu allererst festhalten, dass Behinderung in Österreich sehr stark durch einen Defizitblick abgehandelt wird. Das heißt, alles was mit Behinderung zu tun hat, wird als etwas Unangenehmes, Störendes, Negatives und zu Korrigierendes gesehen. Deshalb ist Diversity Management so erfrischend. Wenn von Respekt, Wertschätzung, Toleranz für die so genannten "Anderen" die Rede ist, wenn davon gesprochen wird, dass Diversity Management in der Lage sein könnte, Ressourcen, die sonst brachliegen aufzugreifen, finde ich das gut.

Moderator: Herr Pauser, Sie sind Organisationsberater. In welchem Zusammenhang haben Sie mit Diversity Management zu tun?

Norbert Pauser: Mein Fokus ist Diversity Inclusion. Ich beschäftige mich seit 2003 sehr umfassend mit dem Thema Diversität in Organisationen und komme dabei auch ein Stück weit aus der Kerndimension Behinderung. Das heißt mein Ausgangspunkt war eigentlich die Vielfalt der Communities, die wir vorfanden und dann hab ich mich von der Dimension Behinderung aus weiter entwickelt.

Moderator: Birgit Virtbauer, Projekt Diversity Management an der Universität Wien. Wir haben gerade gehört, dass behinderte Menschen ein Teil von Diversity Management sind, welche Zielgruppen hat Diversity Management noch? 

Birgit Virtbauer: Also allgemein wird im Diversity Management gerne von Kerndimensionen gesprochen. Das sind jene Dimensionen von Vielfalt, die auch im rechtlichen Kontext erwähnt werden. Dazu zählen Alter, Geschlecht, psychische und physische Fähigkeiten und Beeinträchtigungen, sexuelle Orientierung und bei uns an der Uni Wien auch soziale Herkunft. Der ethnische Hintergrund und die Nationalität gehören ebenso dazu. Das wird dann je nach Unternehmen definiert. Auch Gender spielt eine Rolle.

Moderator: Was sind die Ziele des Projekts an der Uni Wien?

Birgit Virtbauer: Das Projekt gibt es seit Oktober 2005. Es ist angesiedelt im Rektorat der Uni Wien, um ein Zeichen zu setzen, dass Diversity Management als gesamtuniversitäres Projekt angedacht ist. Ziel ist, Vielfalt an der Uni Wien sichtbar zu machen. Es gilt die unterschiedlichen Einrichtungen, die sich mit den verschiedenen Dimensionen von Diversität beschäftigen, miteinander zu vernetzen und Informationen darüber, was an der Uni geschieht, an die Studierenden und Mitarbeiter weiter zu geben.

Moderator: Erich Neuwirth Sie sind Personalchef bei TNT Express Austria. Ihr Unternehmen hat heuer den von Microsoft gestifteten Trigos Preis gewonnen.

Erich Neuwirth: Ja - das ist einer der vielen Auszeichnungen, die wir schon gewinnen durften für unser ganzheitliches Diversity und Inclusion Konzept.

Moderator: Welche Gruppen haben Sie in diesem ganzheitlichen Ansatz berücksichtigt?

Erich Neuwirth: Bei uns gibt es konkrete Maßnahmen für die Kerndimension Gender, für die Kerndimension Generationenbalance, für Menschen mit Migrationshintergrund und für Menschen mit besonderen Bedürfnissen. Außerdem haben wir Maßnahmen für unsere MitarbeiterInnen mit anderer Konfession gesetzt. Das gilt auch für MitarbeiterInnen, die nicht heterosexuell orientiert sind.

Moderator: Warum macht das eine Firma und welche Chancen sehen Sie darin?

Erich Neuwirth: Warum das eine Firma macht kann ich Ihnen nicht beantworten, ich kann nur beantworten warum das unsere Firma gemacht hat.

Ende der 90iger Jahre hatten wir große Probleme, geeignete MitarbeiterInnen für unser Unternehmen zu finden. Wir hatten eine Fluktuationsrate von über 25%. Wir waren am Arbeitsmarkt unattraktiv. Unsere Branche ist für viele unattraktiv, unsere Arbeitsbedingungen sind für viele unattraktiv. Deshalb mussten wir uns vor ungefähr 10 Jahren die Frage stellen: Wie können wir unseren Fokus erweitern?

Ich möchte die Frage plakativ beantworten. In Österreich gibt es über vier Millionen Erwerbstätige. Die "klassische Zielgruppe" für viele Unternehmen stellt sich wie folgt dar: Die in Österreich geborenen, männlichen Arbeitnehmer im Alter zwischen 25 bis 49 machen gerade mal 1,2 Millionen aus. Das heißt, drei Viertel des Arbeitsmarkts gehen verloren, wenn ich meinen Fokus nicht erweitere und die Personalpolitik entsprechend ausrichte.

Moderator: Darüber werden wir im nächsten Block weiter sprechen. Nun möchte ich aber Paulina Sarbinowska vorstellen. Sie arbeitet am Diversity Projekt der Uni mit. Frau Sarbinowska, warum haben Sie sich dazu entschlossen, an diesem Projekt mitzuarbeiten?

Paulina Sarbinowska: Der Grund, warum ich mich für dieses Projekt entschieden habe war, dass ich selbst Studierende bin und dass ich selbst immer wieder auf Barrieren gestoßen bin. Das heißt, ich habe mit ProfessorInnen Kontakt gehabt und habe erlebt, dass da sehr viel an Wissen darüber wie man miteinander umgeht fehlt. Im Besonderen das Wissen, wie man mit Schwerhörigen oder Gehörlosen umgeht. Denn das ist eine Behinderung, die nicht sichtbar ist. Mein Gefühl war, es braucht hier sehr viel Aufklärung. Ich habe gesehen, dass dieses Projekt eine Möglichkeit bietet, Aufklärungsmaßnahmen praktisch umzusetzen. Es bot sich die Gelegenheit zur Sensibilisierung der Studierenden und ProfessorInnen. Ziel war es zu zeigen, wie man mit gehörlosen und schwerhörigen Menschen umgeht.

Moderator: Leben Sie Diversity Management in Ihrem Beruf? Haben Sie das Gefühl, dass Sie durch Ihre Tätigkeit selbst aktiv daran teilnehmen?

Paulina Sarbinowska: Ja, ich wünsch es mir in jedem Fall, dass sich da etwas verändert. Ich habe erst Anfang Juni begonnen, als Tutorin in diesem Projekt mitzuarbeiten. Da das Projekt noch läuft, wird es Gelegenheit geben, viel Positives zu bewegen. Mein Ziel im Bereich Diversity Management ist es, aufzuzeigen, welche individuellen Charakterzüge Menschen haben. Und für mich ist es wichtig diese Bewusstseinsbildung bei den Menschen hervorzubringen.

Moderator: Haben Sie auch selbst schon Erfahrung gemacht mit Menschen die aus einer anderen Kulturen stammen, eine andere Konfession oder Lebenseinstellungen haben?

Paulina Sarbinowska: Ja - auf alle Fälle.

Moderator: Vor mir liegt eine Studie der europäischen Union zum Thema Kosten und Nutzen personeller Vielfalt in Unternehmen. Da gibt es eine ganze Liste "Nutzen für Unternehmer". Ein Punkt den wir gehört haben sind Beseitigung von Arbeitskräfteengpässen. Aber es gibt noch einige andere: Kostensenkung, Zugang zu neuen Märkten, verbesserte Leistungen auf den bestehenden Märkten, Möglichkeit der Talentsuche, Kreativität wäre auch so ein Punkt, Marketing und Image ist natürlich auch ein wichtiger Punkt.

Aber natürlich gibt es auch Nachteile. Herr Neuwirth, was sind Ihrer Meinung nach die größten Hindernisse für Diversity? Wo sind Firmen generell skeptisch?

Erich Neuwirth: Also aus meiner Sicht sind einige gesetzliche Regelungen vielleicht so, dass Firmen skeptisch sind, sich um bestimmte Kerndimensionen zu bereichern. Viele Firmen haben vielleicht Angst, Menschen mit besonderen Bedürfnissen einzustellen, weil durch das Behinderteneinstellungsgesetz sie vermeintlich die Gefahr sehen, dass wenn diese MitarbeiterInnen nicht diese Leistungen erbringen, dass sie sie dann nicht einfach kündigen können. Unsere persönlichen Erfahrungen sind ganz anders. Also ich denke, wenn der Auswahlprozess richtig funktioniert und man sich im Vorfeld wirklich Gedanken macht, wen man wo einsetzt, dann können wir auch sehr gut Menschen mit besonderen Bedürfnissen bei uns beschäftigen. Dafür gibt es konkrete Beispiele: Wir haben seit einigen Jahren gehörlose Lagermitarbeiter und wir haben damit die allerbesten Erfahrungen gemacht. Sie fahren genauso mit dem Stapler wie andere Lagermitarbeiter. Die ursprünglichen Befürchtungen haben sich auch Dank der Unterstützung von Seiten der offiziellen Stellen sehr schnell in Luft aufgelöst.

Moderator: Nun gibt es bei [begünstigten] Menschen mit Behinderungen die Angst vor dem vermeintlichen Kündigungsschutz. Dem Bundessozialamt ist zu melden, dass man eine Kündigung aussprechen bzw. das Dienstverhältnis lösen möchte. Da hat sich ja in letzter Zeit auch einiges getan. Aber bei anderen Minderheiten wie z.B. sexueller Orientierung gibt es ja solche Dinge nicht. Ist die Motivation der Mitarbeiter ein Thema, an dem man arbeiten müsste?

Erich Neuwirth: Unsere Erfahrung: Wir haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus 25 Nationen im Einsatz. Wir sind ein international agierendes Expresstransportunternehmen, das in mehr als 200 Ländern der Welt tätig ist. Deshalb ist für uns jede zusätzliche Sprache, die ein Mitarbeiter mitbringt, eine Bereicherung. Ebenso ist das Wissen um eine andere Kultur, das jemand mitbringt, im Grunde ein Vorteil für uns und unsere Kunden, wenn Sendungen in diese Länder verschickt werden sollen. Wenn es vor Ort irgendwelche Probleme gibt, hilft es natürlich sehr, wenn man die Kultur des Empfangslandes kennt und ein Mitarbeiter mit diesem Land Kontakt aufnimmt. Wir haben diesbezüglich sehr positive Erfahrungen gemacht.

Moderator: Das heißt, dass Sie die Ressourcen von Diversity Management sehen?

Erich Neuwirth: Absolut und ich möchte das auch betonen. Wir haben unseren Diversityansatz nicht aus Philanthropie gewählt, sondern es stecken betriebswirtschaftliche Interessen dahinter. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Erweiterung unseres Fokus für verschiedene Zielgruppen den "Bewerbermarkt" öffnet. Dies gilt auch für Gruppen, die sonst am Arbeitsmarkt eher benachteiligt sind. Für uns bringt das eine ganze Reihe von betriebswirtschaftlichen Vorteilen.

Moderator: Herr Pauser, die Literatur über Diversity Management scheint ambivalent, vor allem was gesetzliche Bestimmungen anlangt. Einerseits hört man immer wieder von Betrieben, die gesetzlichen Vorgaben skeptisch gegenüber stehen. Anderseits sieht man in der Literatur auch immer wieder: wenn es gesetzliche Bestimmungen gibt, wie z.B. derzeit bei uns das Antidiskriminierungsgesetz oder das Behindertengleichstellungsgesetz, wirkt sich das positiv aus. Ist das auch Ihre Sicht der Dinge?

Norbert Pauser: Schwierig zu beantworten. Ich denke, Organisationen haben was mit organisieren zu tun. Und organisieren ist immer schwierig. Je organisierter Organisationen sind, um so eher ist es möglich Vielfalt in Organisationen hineinzutragen. Wenn man mich fragt so braucht es bei aller Durchlässigkeit, bei aller Transparenz ein fixes Regelwerk, damit Freiräume geschaffen werden können. So paradox das klingen mag: Wenn man die Gesetzgebung hernimmt als etwas das Normen schafft, und damit auch Sicherheit bietet, dann soll mir das recht sein.

Moderator: Sie haben schon in Ihrem Eingangsstatement erwähnt, dass eine Abkehr von der Defizitorientierung ein ganz wichtiger Punkt sei. Greift dieser Ansatz immer oder gibt es auch dafür Grenzen?

Norbert Pauser: Ich glaube es gibt Grenzen der Zumutbarkeit für Organisationen. Diversity ist in jedem Fall eine Zumutung im Sinne von jemanden ermuntern und ermutigen etwas zu tun. Ich verstehe Diversity Management als Abbild einer komplexen Gesellschaft. Und wenn wir uns umschauen dann muss man sagen, die Gesellschaft ist hochkomplex.

Mein Verständnis von Diversity wäre, diese Komplexität, diese Vielfalt der Gesellschaft in Organisationen widerzuspiegeln. Ich glaube, dass das durchaus zu Erfolgen führen kann. Es ist toll, wenn manche eine Fleißaufgabe machen und ich freue mich hier sozusagen zwischen der Uni Wien und TNT sitzen zu können, weil ich von beiden überzeugt bin, dass sie ihre "Fleißaufgabe" machen.

In Österreich sagt man: "Behandle jeden so wie Du selbst behandelt werden möchtest." Und das halte ich für schwierig. Denn ich glaube, dass wir in einer Gesellschaft leben wo der Slogan lauten könnte: "Behandle jeden so wie er oder sie das möchte und braucht." Und wenn dieser Paradigmenwechsel ein bisschen mehr einsetzen würde, dann wären wir der Sache näher.

Moderator: Sie haben vorhin von Zumutbarkeit gesprochen. Das möchte ich gleich an Frau Virtbauer weitergeben. Die Uni ist gewissermaßen ein Abbild der Gesellschaft. Sie ist durchaus international. Wo liegen Ihre Stärken und Schwächen und wie können Sie diese einbringen, bezogen auf Diversity Management?

Birgit Virtbauer: Eine Stärke der Uni Wien ist sicherlich die Frauenförderung. Diversity Management wurde Ende 2005 eingesetzt. Es hat aber davor schon Initiativen gegeben.

Auf der Uni gibt es noch viel zu tun. Es gibt zwar mittlerweile mehr weibliche Studierende als männliche. Aber bei den Professoren wissen wir, dass die Quote der Professorinnen noch sehr, sehr gering ist. Sie liegt derzeit bei zirka 10%. Je weiter die Karriereleiter nach oben, umso weniger Frauen.

Ein anderer Schwerpunktbereich der Uni Wien ist sicherlich der Bereich Menschen mit Behinderung. Wir arbeiten auch sehr eng mit dem Behindertenbeauftragten Leopold Schlöndorf zusammen, der für Studierende zuständig ist.

Moderator: Wie sieht es mit Genderfragen bzw. Konfessionen aus?

Birgit Virtbauer: Im Bezug auf Gender? Also die Uni Wien, wenn Sie jetzt Konfessionen ansprechen, ist ja grundsätzlich eine säkulare Einrichtung und als solche definiert sie sich auch und versucht sich da abzugrenzen von konfessionellen Forderungen. Wo es der Gesetzgeber vorschreibt werden diese Gesetzeslagen eingehalten. Ansonsten gibt es da relativ wenig Spielraum.

Ich weiß nur von der inhaltlichen Thematik, dass es im Zuge der Wissenschaft einige Dialoge gibt mit verschiedenen Instituten. Der islamischen Religionspädagogik z.B, die da auch in dem Fall ein bisschen Pionierarbeit leistet.

Ich glaube man muss da abgrenzen. Diversity Management ist ja, so wie wir es umsetzen, ein Projekt der Administration. Was Sie jetzt ansprechen fällt eher in den Bereich der wissenschaftlichen Forschung.

Also das heißt Sie beschäftigen sich mehr mit Administration und mit den Studierenden, während sich die Institute um den wissenschaftlichen Betrieb kümmern.

Diversity Management ist eine Serviceeinrichtung. Auch in der Wissenschaft gibt es Interdisziplinarität und Vielfalt. Wir haben versucht das reinzuholen. Wir haben beispielsweise eine Ringvorlesung gemacht, wo wir aufgezeigt haben, welche Disziplinen beschäftigen sich in welcher Weise mit Vielfalt bzw. mit Diversity Management. Dass da natürlich Multiperspektivität gefragt ist versteht sich von selbst. Das ist auch einer der Gründe, warum Diversity Management an der Uni umgesetzt wird.

Moderator: Frau Sarbinowska, an Sie hätte ich noch eine Frage. Wir haben nun schon viele Aspekte von Diversity besprochen. Ich möchte nun einen weiteren Aspekt hineinbringen: bei Menschen mit Behinderungen denken viele in erster Linie an Rollstuhlfahrer oder Blinde. Aber auch innerhalb dieser Gruppen gibt es teilweise große Unterschiede. Haben Sie den Eindruck, dass die Gesellschaft die Vielfalt allmählich zu erkennen beginnt und dass behinderte Menschen allmählich jene Chancen bekommen, die sie verdienen?

Paulina Sarbinowska: Ja, das sehe ich schon so. Ich denke Diversity ist eine sehr große Chance für Menschen mit Behinderungen. Das heißt, es geht um das Nützen von persönlichen Ressourcen. Und damit kommen wir weg von diesem defizitorientierten Denken. Das heißt, wir kommen auch weg von diesem Bild des klassischen, des typischen Behinderten und erreichen somit eine andere Denkweise.

Moderator: Was können Sie für sich persönlich aus dieser Tätigkeit mitnehmen - vor allem in beruflicher Hinsicht?

Paulina Sarbinowska: Diversity Management ist ein Bereich, in dem man lernt, Kompetenzen und Ressourcen der anderen zu erkennen. Und ich denke, dass das etwas ist, wo ich sehr profitieren kann. Es geht ja auch um ein Feedback, um einen Austausch und da sehe ich einen großen Vorteil und eine Bereicherung für mich persönlich. Und Diversity Management ist ein sehr wichtiges Thema, das uns alle angeht.

Moderator: Wir sind schon beinahe am Ende unserer Sendung angelangt. Einen Aspekt möchte ich aber noch ansprechen. Herr Neuwirth, wenn ich neue Bewerberzielgruppen ansprechen möchte, ist es wichtig, dass ich die Bewerbungsverfahren "barrierefrei" gestalte. Gibt es bei TNT Bewerbungsverfahren, die soweit barrierefrei sind dass Menschen mit Behinderungen daran teilnehmen können?

Erich Neuwirth: Bei uns geht es sogar noch einen Schritt weiter: wenn wir das Gefühl haben eine Position ausschreiben zu können, die sich an eine bestimmte Zielgruppe mit besonderen Bedürfnissen richtet, so durchsuchen wir gezielt Datenbanken, die erstellt wurden, damit behinderte Menschen die Möglichkeit haben, am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Ansonsten gilt für uns sowohl für externe Bewerber als auch interne Karrieremöglichkeiten: der bestgeeignetste Kandidat, die bestgeeignetste Kandidatin bekommt den Job unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Lebensalter, Konfession oder sexueller Orientierung.

Moderator: Herr Pauser wie sehen Sie die Zukunft des Diversity Management in Österreich?

Norbert Pauser: Die Zukunft des Diversity Management wird denke ich davon abhängen, wie ernst Organisationen die Beschäftigung mit Diversity nehmen.

Die drei Säulen aus meinem ganz persönlichen Diversity-Inclusion-Verständnis sind Differenz, Dominanz und Diskriminierung. Diese drei D´s bilden für mich den Bezugsrahmen für ein ernst zu nehmendes Diversity Management. Wenn sich Diversity Management auf Differenz beschränkt, dann wird die Vielfalt hochgelobt, gefeiert, dann wird sie zum Lippenbekenntnis. Wenn es bei Diskriminierung bleibt, dann wird eine diskriminierende Entwicklung fortgesetzt, die Menschen wiederum auf ein bestimmtes Merkmal reduziert. Wenn wir anfangen, uns in Organisationen mit Dominanz zu beschäftigen und uns folgende Fragen stellen: wer hat warum und wieso bestimmte Ressourcen übernommen und wer ist nach wie vor kategorisch ausgeschlossen?

Erst wenn wir bei diesen Fragestellungen angelangt sind, wird sich zeigen ob Diversity Management ernst genommen wird oder nicht.

 


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