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Rubrik: Lesen statt Hören
12. Oktober 2004

Was ist Betroffenen-Mainstreaming?

von Gerhard Wagner

Dr. Heinz Trompisch: Ich möchte den begriff Kind zwar als biologisch richtig betrachten, aber der Mann, um den es geht, ist 37 Jahre alt und ist ein ausgewachsener 1,89 m großer, kräftig gebauter Mensch, der epileptische Anfälle hat, autistische Wahrnehmung hat und auch in der geistigen Wahrnehmung nicht den handelsüblichen Normvorstellungen eines 37-jährigen entspricht.

Ihre Frage ist, was ändert sich? Muss ich sagen, es ändert sich unglaublich viel, denn vor allem, wenn man ein Kind mit besonderen Bedürfnissen betrachtet neben solchen, die unter der handelsüblichen Marke nicht-behindert firmieren, dann muss man feststellen, dass diese besonderen Bedürfnisse eigentlich bedeuten eine Unsicherheit einerseits und eine neue Aufgabe andererseits, mit der man sein Lebtag lang konfrontiert ist. Ich meine damit, dass es wahnsinnig schwierig ist für einen Elternteil, für jenen Menschen, den man unglaublich gern hat, zurückzutreten, seine Interessen in den Vordergrund stellt und sich eigentlich als Dolmetscher seiner Interessen zu verstehen hat.

Das ist nicht immer ganz leicht, denn Elternteil sein ist immer auch wieder mit vielen, für mich jedenfalls, Unsicherheiten verbunden, was macht man zu viel, was macht man zu wenig. Ich denke aber, dass, so wie es jetzt eigentlich, Gott sei Dank, es sich in den letzten zehn Jahren so entwickelt hat, das selbstbestimmte Leben von Menschen mit Behinderungen oder auch ob es sich um intellektuelle Beeinträchtigungen handelt, immer stärker der Gedanke des Selbstbestimmten in den Vordergrund tritt.

Ich denke, es ist Aufgabe von Elternteilen, an diesem Prozess aktiv mitzuwirken und es freut mich, dass es hier schon ein neues Schlagwort gibt, das "Betroffenen-Mainstreaming", ohne englische Ausdrücke geht es offensichtlich heutzutage nicht mehr, aber soweit ich es hier verstehe, ist das etwas, von dem ich meine, dass es ungemein wichtig auch für die Zukunft sein wird.

Gerhard Wagner (Moderator): Ja, Frau Brandl, Sie wollten auch etwas sagen.

Maria Brandl:Ich möchte zu dem Thema Selbststimmung noch etwas sagen, weil gerade das ein wichtiges Thema ist in der Diskussion zwischen behinderten Frauen und Männern und den Eltern behinderter Kinder, weil bis Dato war es immer so, dass ja gerade Eltern gerade für Schulwesen, Bildungswesen für ihre Kinder immer eingetreten sind und genau so sind sie als Elterninteressensvertretung immer auch wahrgenommen worden.

Wir treten für unsere Kinder ein, dass sie Rechte erlangen, dass sie an vielen Teilen des Lebens gleichberechtigt teilnehmen können, es ist aber nie darum gegangen: Was brauchen die Eltern? Oder: wie gelten die Eltern auch als Betroffene, sondern es ist immer für die Kinder gegangen, was natürlich logischerweise immer im Vordergrund steht, aber es kommt dann: die Kinder werden Eltern, sie werden zu erwachsenen Menschen, sie werden zuerst zu Jugendlichen, zu erwachsenen Menschen, es beginnt dann die schwierige Phase der Loslösung, wo dann immer wieder zu Eltern gesagt wird:


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