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Rubrik: Lesen statt Hören
12. Oktober 2004

Was ist Betroffenen-Mainstreaming?

von Gerhard Wagner

Gerhard Wagner (Moderator): Frau Feuerstein, bevor ich Sie frage, möchte ich einmal versuchen laienhaft nachzutasten, ob ich das Ganze auch richtig verstanden habe. Das heißt, wenn man sich das anschaut beim Gendermainstreaming. Früher hat man das eher auf die Frauen abgetan und das man das abgeschoben hat, das war in einem überschaubaren kleinen Bereich.

Jetzt sagt man, Gendermainstreaming geht alle an: Männer und Frauen. Ich habe heute gelesen, das Bildungsministerium möchte Männer und Frauen haben, beide Experten beider Personen. Da könnte man sagen, das ist so ähnlich bei Ihnen, da möchte man sowohl die Leute mit Behinderung selbst haben als auch die Angehörigen, die zu diesem Bereich etwas sagen können.

Oder hinkt der Vergleich ein bisschen, weil das doch eine andere Materie ist? Habe ich das richtig verstanden oder muss man etwas ergänzen? Wahrscheinlich die Rahmenbedingungen.

Bernadette Feuerstein: Es ist vielleicht nicht ganz so. Gendermainstreaming wird oft falsch verstanden. Es geht nicht darum, dass Frauen besonders gefördert, unterstützt oder sonst etwas werden. Es geht darum, dass Frauen in gleicher Weise beachtet werden und das gleiche Mitspracherecht haben.

Manchmal ist es natürlich notwendig, dass eine positive Diskriminierung stattfindet, das heißt, dass Frauen bevorzugt werden, um eine Ungerechtigkeit auszugleichen. Aber grundsätzlich ist es beim Gender, Gender heißt Geschlecht, dass einfach aus eine geschlechtssensible Sprache geachtet wird. Dass darauf geachtet wird, dass Männer und Frauen die gleiche Stimme haben bei Entscheidungen.

Es geht nicht darum, dass Frauen bevorzugt werden. Wir wünschen uns für das "Betroffenen-Mainstreaming" dass die Betroffenengruppen in einem Projekt auch die gleiche Mitsprache haben wie die anderen Experten und Expertinnen. Es ist so, dass zum Beispiel Pädagogen oder wie heute schon angesprochen wurde zum Beispiel Ärzte von vornherein als Experten gesehen werden.

Nur wir Betroffenen, sind das Behinderte oder in unserem Projekt die Eltern behinderter Kinder und Jugendlicher wir sind nicht von Anfang an als Experten gesehen. Wir müssen uns unsere Expertenschaft erst erarbeiten und mussten uns erarbeiten und müssen das auch sicherlich noch weiter. Das ist sicherlich ein Prozess, der teilweise auch mühsam ist, weil man natürlich gegen Fachleute teilweise mit auseinandersetzen muss und der Weg der gegenseitigen Anerkennung ist für beide Seiten ein durchaus dornenreicher.


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