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Rubrik: Lesen statt Hören
15. Oktober 2000

Weg mit akustischen Ampeln?

von Walter Lindner

Ing. Günther Ertl: Das wäre das Schlimmste, was es gibt, wenn man über den Kopf der Betroffenen mit einer Art Zwangsbeglückung drüber hinweg geht.

Freak-Radio: Soll aber schon vorgekommen sein.

Ing. Günther Ertl: Wenn es im Allgemeinen vorkommt, dann müsste man mit der Rute dort hin gehen, aber bei den Ampeln ist es so, dass alles getestet wurde. Es gibt auch alle Möglichkeiten. Die Ampel selbst hat an der Vorderfront taktile Kennzeichnungen des Weges. Das bedeutet, der blinde Mensch kann sich schon erkundigen, welchen Weg er beschreiten muss. Wie Frau Papst schon sagte, wird die kleine Orientierung, die man sich verschaffen kann, durch die Fülle des Verkehrs immer schwieriger. Das ist deswegen, weil die Verkehrslichtsignalanlagen alle teil- und vollverkehrsabhängig geschaltet werden und der Phasenablauf nicht mehr erlernbar ist, sondern sich aufgrund des Verkehrsaufkommens zusammensetzt. Da benötigen blinde und sehbehinderte Menschen unbedingt die Akustik, um sich orientieren zu können.

Freak-Radio: Wie können blinde oder sehbehinderte Menschen diese Ampeln auffinden? Sie sprachen schon von taktilen Linien, aber da gibt es auch akustische Hilfen.

Ing. Günther Ertl: Es gibt zwei Möglichkeiten: Das Eine ist das Orientierungssignal, das in der Ö-Norm festgelegt wird. Mit diesem Orientierungssignal kann sich der blinde oder sehbehinderte Mensch so weit orientieren, dass er eine Drucktaste auffindet. Auf dieser ist die Wegbeschreibung und gleichzeitig auf der Unterseite eine Anmeldetaste in Form eines vibrierenden Pfeiles. Benötigt der blinde Mensch die Akustik nicht, kann er sich an dem immer mitlaufenden Grünpfeil orientieren. Wenn nicht, drückt man drauf, um die Akustik auszulösen. Das hätte auch den Vorteil, dass man mit dieser Taste auch andere Behindertengruppen, wie gehbehinderte oder alte Menschen, auch Kindergärten, die geschlossen hinübergehen möchten, mit einer längeren Grünzeit beteiligen kann.

Freak-Radio: Hat diese Drucktaste nicht den Nachteil, dass ein blinder Mensch, der sie sucht, mehr oder weniger die gesamte Ampel abwischt?

Ing. Günther Ertl: Sehende Menschen müssen auch die Drucktaste betätigen. Hier ist keine Diskreminierung. Bei einer Drucktastenanlage müssen alle Verkehrsteilnehmer, die zu Fuß die Straße queren, einen Teil der Ampelanlage abwischen.

Freak-Radio: Sehende Menschen haben allerdings den Vorteil, dass sie wissen, wo sie hingreifen.

Ing. Günther Ertl: Das ist richtig. Daher ist auch die Norm so gestaltet, dass auf der Unterseite diese Tasten vorhanden sind. Wenn man den Ampelständer gefunden hat, ist diese Drucktaste in einer Höhe von etwa einem Meter aufzufinden. Wo ich Ihnen recht gebe: Es gibt manchmal Scherzbolde, die unten irgendwelche Dinge hineinstreichen, die nicht unbedingt sinnvoll sind. Vom Kleber bis Hundekot ist schon alles gesehen oder gespürt worden.


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