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Rubrik: Leichter Lesen
06. April 2003

Darf ich mit Waisenpension arbeiten?

von Franz Hoffmann, Gerhard Wagner

Die Waisenpension ist oft nicht sehr hoch. Manche behinderte Arbeitswillige mit Waisenpension möchten dennoch einen Beruf ergreifen. Aber das Risiko ist groß: Denn wenn sie arbeiten, verlieren sie die Pension - und wenn sie den Arbeitsplatz dann auch noch verlieren, dann stehen sie vor dem Nichts.

Irmgard Kampas ist blind und hat den Beruf der Journalistin gelernt. Sie hat auch schon Angebote bekommen, doch oft muss sie ablehnen. Meist gibt es nämlich nur bezahlte Arbeit ohne feste Anstellung. Wenn sie jetzt über einen bestimmten Betrag hinaus (Geringfügigkeitsgrenze) verdient, dann verliert sie ihre Pension ganz leicht. Deshalb kann sie nur fixe Arbeitsverhältnisse eingehen, aber die gibt es kaum. Somit haben behinderte Menschen, die arbeiten wollen, einen Nachteil.

Die Geringfügigkeitsgrenze wird jedes Jahr etwas erhöht; im Jahr 2003 beträgt sie € 309,38, im Jahr 2004: € 316,19

»Nur schwarz oder weiß«

Frau Kampas stört vor allem, dass der Staat keine anderen Möglichkeiten geschaffen hat. Denn es gibt nur schwarz oder weiß:
Entweder man bekommt eine Pension oder man ergreift einen Beruf und lebt davon. Aber dass es langsame Wege in die Berufstätigkeit gibt, dafür gibt es noch immer keine Lösung.

Aber um berufstätig zu werden, kann man meist nicht von heute auf morgen mit einem Vierzig-Stunden-Beruf beginnen! Man muss praktisch gearbeitet haben, muss Kontakte knüpfen und so einen Weg finden, um sich hinauf zu arbeiten: Erst gar, wenn man eine Behinderung hat!

Gibt es auch andere Lösungen?

In Wien gibt es seit 2001 eine andere Lösung: Wer mit Behinderung arbeitet, geht also hier kein unnötiges Risiko mehr ein. Und dass man durch Arbeit weniger Einkommen hat als zuvor, ist dann auch nicht möglich.

Bei den Beziehern mit Waisenpension wird dann oft angeraten, geringfügig zu verdienen, aber das ist auch nicht so einfach:

Geringfügig beschäftigt - aber ohne Zuverdienst

Dass geringfügige Beschäftigung für viele Waisenpensionsbezieher überhaupt keine finanziellen Vorteile bringt, zeigt Franz Hoffmann. Er ist 2003 bei mehreren Projekten des Vereins »Integration Österreich« beschäftigt: »Ich arbeite derzeit zehn Stunden - geringfügig, mehr wurde mir von der Pensionsversicherung nicht bewilligt. Ich bin zwar immer am Wege, das zu ändern, denn zehn Stunden sind für meinen Job einfach zu wenig! Aber mein Ziel ist es, eine Arbeit zu haben, die auch 20 oder 30 Stunden dauern kann.
Weil mein Verdienst aber von der Ausgleichszulage der Pension abgezogen wird, arbeite ich fast zum Nulltarif. Das ist eigentlich eine Katastrophe: Es gibt so viele Leute, die arbeiten könnten, aber nicht wollen! - Und bei uns Menschen mit Behinderung ist es so, wenn sie arbeiten wollen, dürfen sie es nicht.

Bedenkliche Folgen

Auch der Erziehungs-Wissenschaftler Dr. Peter Singer bezieht seit dem Tod des Vaters eine Halbwaisenpension. Dr. Singer macht auch noch auf weitere Folgen des Arbeitsverbots bei Waisenpension aufmerksam: Wenn Menschen wissen, sie dürfen nichts verdienen, dann denken sie sich sehr leicht: »Ja warum soll ich mich denn anstrengen, wenn es mir nichts bringt?«

Und das führt dann zu der Gefahr, dass manche Menschen vielleicht gar nichts mehr machen, keine Energie haben und dadurch an den Rand gedrängt werden.«

Auch der Staat macht ein schlechtes Geschäft: Wenn Menschen, die arbeiten wollen, nicht arbeiten können, dann entgeht dem Staat eine Menge Geld an Steuern und Sozialversicherungsabgaben. - Abgesehen davon, dass die Lebensqualität von behinderten Menschen, die arbeiten, wesentlich größer ist.

Sendungsverantwortlich: Gerhard Wagner


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