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Rubrik: Leichter Lesen
07. März 2004

Wunder, die keine sind

von Franz Hoffmann und Gerhard Wagner

Viele Behinderungen werden schlimmer. Die Menschen können immer weniger tun, wenn sie keinen Ausgleich bekommen. Aber für manche Ärzte passieren trotzdem Wunderheilungen. Sie sagen: Die Leute sind ja gesund! Ihnen geht es viel besser! Bei welcher Gelegenheit sagen sie das? Wenn es darum geht, wie viel Pflegegeld es gibt. Höhere Pflegestufe bedeutet: höhere Behinderung. Und das bedeutet: Mehr Pflegegeld. Niedrigere Pflegestufe bedeutet daher: Weniger Pflegegeld.

Geht es darum, zu sparen?

Frau Löffler schildert, dass ihr Sohn Pflegestufe 3 hatte. Dann ist ihr Mann gestorben. Ihr behinderter Sohn hat jetzt keinen Vater mehr. Doch damit nicht genug: Weil der Sohn nun eine andere Pensionsversicherung bekommen hat, hat die sofort eine Überprüfung des Pflegegelds gemacht.

Dort wurde dann festgestellt: Dem Sohn geht es ohnehin gut. Er braucht also nur Pflegestufe 2.

Die Mutter ist verzweifelt und weint in der Sendung. Sie hat ihren Mann verloren, sie bekommt ohnehin weniger Geld ? und jetzt wird auch noch gesagt: Dem Sohn geht es viel besser.
Weil: Für Frau Löffler hat sich gar nichts verbessert. Und für ihren Sohn auch nicht. Er braucht immer noch die gleiche Betreuung. Durch die Herunterstufung hat sich nur die Pensionsversicherung Geld gespart. Und dieses Geld geht jetzt der allein erziehenden Mutter ab.

Auch vor Gericht keinen Erfolg

Es ist zu bedenken, dass ja auch der Vater sich um den Sohn gekümmert hat. Jetzt ist er tot. Und es gibt weniger Geld als vorher, um sich Betreuung zu leisten.

Dann ist die Mutter aber zum Gericht gegangen. Das Arbeits- und Sozialgericht ist dafür zuständig. Und das hat auch nichts genützt.

Der Richter hat damals gesagt: Wenn er jetzt entscheidet, dann kann sie ein Jahr keinen Antrag stellen. Dann bekommt ihr Sohn womöglich ein Jahr nicht mehr Pflegegeld. Frau Löffler hat aber gesehen, dass es ihrem Sohn sehr schlecht gegangen ist. Daher hat sie sich nicht getraut, irgendetwas zu sagen, weil sie ihrem Sohn nicht schaden wollte.

Dabei waren sich die Experten nicht einig. Vor Gericht heißen die Experten Sachverständige. Die waren teuer, trotzdem hat es nichts genützt.

Warum gibt es Verschlechterungen beim Pflegegeld?

Dr. Steininger von der Pensionsversicherung erklärt, wie es zu Schlechterstellungen kommt: Oft ändern sich die Zuständigkeiten, wer für das Pflegegeld verantwortlich ist. Dann hat man gleich eine neue Einstufung gemacht und die war oft schlechter.

Eigentlich muss es eine gut sichtbare Verbesserung geben. Nur dann darf das Pflegegeld gekürzt werden. Das Sozialministerium ist Teil des Staates und für die Leute zuständig, die Unterstützung brauchen. Es hat nun festgelegt, dass sich das Pflegegeld nicht verschlechtern darf, wenn sich die Zuständigkeiten ändern.

Gleich nach der angeblichen Verbesserung im Rollstuhl

Der Sohn von Frau Löffler musste nach der Rückstufung ins Spital. Denn sein Zustand ist viel schlechter geworden. Jetzt sitzt er im Rollstuhl. Das beweist, dass die Meinung der Pensionsversicherung falsch war. Denn von Verbesserung konnte keine Rede sein.

Nun ist der Zustand viel schlechter als vorher: Und der Sohn bekommt zwar wieder soviel Geld wie davor, als der Vater noch gelebt hat: Aber jetzt braucht er viel mehr Unterstützung - und das Geld reicht wieder nicht.

Warum der Arzt nicht Stufe 4 bewilligt hat

Der Arzt, der die Untersuchung gemacht hat, hat gesagt: Wenn er jetzt Pflegestufe 3 hätte, hätte er jetzt die Pflegestufe 4 bewilligen können. Dann hätte die Familie mehr Geld gehabt. Durch die Rückstufung war das leider nicht möglich.

"Das stimmt nicht", sagt Dr. Steininger von der Pensionsversicherung: Denn der Arzt kann und muss bei einer neuen Einstufung unabhängig handeln. Er muss sich danach richten, was wegen einer Behinderung notwendig ist.

In den meisten Fällen, sagt Herr Steininger, verschlechtert sich ja die Behinderung. Dann sollte man einen neuen Antrag stellen, meint er. Wenn eine Verschlechterung eingetreten ist, sollte man das immer melden.

Um drei Stufen verschlechtert

Die Moderatorin Gerda Ressl stellt einen neuen Fall vor: Eine Frau wurde sogar um drei Stufen zurückgestuft. Dabei sind noch epileptische Anfälle dazu gekommen! Bei epileptischen Anfällen werden die Leute meist bewusstlos. Es kann sein, dass sie mitten auf der Straße zusammenfallen und Krämpfe haben.
Aber das Pflegegeld wurde stark gekürzt, weil die behinderte Frau jetzt keine Krücken mehr braucht. Das Komische ist nur: Sie hatte niemals Krücken. Diese Begründung ist also falsch.

Es gab keine Einigung bei der Einstufung. Aber ein Einspruch war nicht möglich: Zu Gericht können viele nicht gehen, weil das zu teuer ist. Denn fast das ganze Einkommen wird ja für die Pflege verwendet.

Schreiben Sie der Pensionsversicherung!

Herr Steininger von der Pensionsversicherung rät den Betroffenen: Schreiben Sie der Pensionsversicherung an den Chefarzt, wenn sie nicht einverstanden sind! Schreiben Sie, was für Sie nicht stimmt. Dann besteht noch die Möglichkeit, dass die Sache noch einmal geprüft wird.

Aber epileptische Anfälle alleine sind noch kein Grund für eine Verbesserung! Nur in Verbindung mit anderen Behinderungen muss man es berücksichtigen. Viele Menschen mit Lernbehinderungen können nämlich mit den Anfällen nicht gut umgehen.

Die Moderatorin Ressl berichtet von Fachleuten, die sagen: Oft werden bei der Einstufung des Pflegegelds nicht alle berücksichtigt.
Denn die Bedürfnisse von behinderten und alten Menschen können ganz unterschiedlich sein!

Sendungsverantwortlich: Gerda Ressl

 


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